Ich studierte bei Karl O. Apel Philosophie und bei Walter M. Sprondel Soziologie mit den Schwerpunkten Wissens- und Religionssoziologie. Bei ihm promovierte ich mit einer Arbeit über Wertstruktur und Leiblichkeit. Als zweites Hauptfach studierte ich Kunstgeschichte mit dem Abschluss Magister. Heute bin ich als Dialogpartner für Philosophie tätig.
Dazwischen liegen Tätigkeiten im universitären Bereich (u. a. in der Max-Weber-Edition), Arbeit als Museumspädagoge und viele Jahre als wissenschaftlicher Berater im Gesundheitswesen: in Projekten zur Entpsychiatrisierung von Menschen mit geistiger Behinderung, in EU-Pogrammen zum Gesundheitsverhalten HIV-positiver Menschen sowie in den Bundesmodellprojekten Altenhilfestrukturen der Zukunft, Pflegeausbildung in Bewegung und zahlreichen anderen.
Durch die Philosophie habe ich teil an einem mehr als zweieinhalb Jahrtausende währenden abendländischen Diskurs der Weltdeutung. Sie gibt sie mir Instrumente an die Hand, mit denen ich meine Gedanken klären und Fachwissenschaften kritisch hinterfragen kann. Wissens- und Religionssoziologie helfen mir zu verstehen, wie soziale Bedingungen mein Denken prägen.
Da die Philosophie die Beschäftigung mit dem indischen und chinesischen Denken einschließt, ist sie auch das Fenster zu ferneren geistigen Welten. Sie ist auch meine kritische Begleiterin, wenn ich mich in den Bereichen Religion und Kunst mit ihren spezifischen Denk- und Empfindungsstrukturen bewege.
Wissens- und Religionssoziologie sind Sozialwissenschaften, die den Zusammenhang unserer Ideen mit unserer Lebensführung bzw. mit der Sozialwelt untersuchen. Während die Philosophie ihr aufklärerisches Potenzial in der Selbstreflexion bzw. im Bezug auf die Gedanken anderer entfaltet, leisten die beiden Soziologien dies in Bezug auf die realen gesellschaftlichen Verhältnisse. Beide Denkweisen ergänzen sich und sind ihre gegenseitigen Kritiker.
Philosophie und empirische Wissenschaften bleiben gegenüber wichtigen Dimensionen der subjektiven Wirklichkeit sprachlos. Diese Dimensionen kann nur die Kunst sichtbar und hörbar machen. Neben meiner wissenschaftlichen Arbeit war ich deshalb immer als freiberuflicher Künstler tätig.
In meiner künstlerischen Entwicklung trat zunehmend das geschriebene Wort und seine kalligrafische Gestaltung in den Mittelpunkt. Ich entwickelte diverse bildnerische Strategien, um visuelle Interpretationen von Texten, auch in größeren Bildformaten, zu schaffen. Dabei frage ich zum einen, welchen Sinn der Text wohl für den Urheber hatte und welchen Sinn er für mich besitzt. Zum anderen spüre ich den Assoziationen, Bildern und Stimmungen nach, die ich mit dem Text und den einzelnen Wörtern verbinde.
Meine künstlerische Arbeit verstehe ich als visuelle Philosophie und somit als randständig im Kunstbetrieb. Dieser Position entsprechend präsentiere ich meine Kunst unter dem Pseudonym Gerschom, was bedeutet: der dort fremd ist.
Wenn ich die ästhetischen Dimensionen eines Textes auslote, ist der Prozess des Schreibens von Hand – in meiner persönlichen Handschrift oder einer älteren Schrift – von zentraler Bedeutung.
Der Duktus der Schrift, Farbe und Material der Schreibflüssigkeit sowie des Beschreibstoffes sind bestimmende Elemente des Textsinnes, den ich visuell gestalte.
Als Kunstwissenschaftler habe ich mich intensiv mit Buchmalerei und Paläografie (Wissenschaft von den Schriften des Altertums und Mittelalters) befasst. Auf dieser Grundlage beruht meine Kalligrafie, die sich immer an bestimmten Vorbildern orientiert. Meine kalligrafischen und bildkünstlerischen Erfahrungen gebe ich in diversen Kursformaten weiter.
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